Die Katzen haben sich in das Buch hineingeschlichen

Daniela Lipka im Gespräch mit Hartmut Schnedl über seinen Kriminalroman „Steirisch Sterben“

Was macht das Sterben in der Steiermark so speziell?
Man stirbt in der Steiermark genauso wie über überall sonst. Süß und ehrenvoll ist es nirgends.

Warum spielt die Geschichte in der Steiermark?
Es gibt hier grandiose Schauplätze, gleichzeitig wirkt die Landschaft um Murau ein wenig wie aus der Zeit gefallen. Dim, der Held der Geschichte, fährt ja als Fremder in die Steiermark. Während er im Zug sitzt und Murau immer näher kommt, wird sein Gefühl der Unwirklichkeit immer größer. Einmal vergleicht er die Landschaft mit dem Schauplatz aus einem der „Herr-der-Ringe“-Bücher. Dieses Gefühl der Distanz, das Nicht-dazu-Gehören, begleitet ihn seinen ganzen Aufenthalt hindurch.

Wie böse muss man sein, um Krimiautor zu sein?
Nicht böser als ein Schachspieler, der seine Bauern opfert.

Macht das Morden Spaß?
Ich habe Krimiautoren kennengelernt, die tatsächlich eine diabolische Freude daran empfinden, Figuren sterben zu lassen. Bei mir ist das anders. Die meisten Todesfälle in „Steirisch Sterben“ beruhen auf Vorfällen und Unfällen, von denen ich in der Zeitung gelesen habe oder die mir jemand erzählt hat. Das ist teilweise schon Jahre oder Jahrzehnte her und sie haben offenbar einen starken Eindruck hinterlassen. Vielleicht verarbeite ich mit meinen Mordbeschreibungen alte Traumata.

An welchen Orten schreibst du?
Zu Hause schreibe ich, wenn es nicht anders geht. Am liebsten schreibe ich in Cafés oder im Zug. Große Teile von „Steirisch Sterben“ sind in einem Garten in Murau entstanden, von dem man einen schönen Überblick über das Tal und die Stadt hat. Hier gibt es einen kleinen Teich, in dem Kröten schnarren und Frösche platschen. Es gibt einen alten Apfelbaum, in dem Bienen summen. Die Katzen der Nachbarn fühlen sich hier wohl und manchmal kommt auch ein Huhn zu Besuch.

Apropos Katzen: Im Buch kommen auffällig oft Katzen vor. Welche Bedeutung haben die?
Erst als das Manuskript fertig war, habe ich bemerkt, dass darin Katzen eine Art Leitmotiv  bilden. Eines der ersten Dinge, die Dim in Murau sieht, ist die Skulptur einer Katze, noch bevor er einer Menschenseele begegnet. Seine Vermieterin ist Katzenhalterin und eine gemalte Katze gibt einen wichtigen Hinweis. Die Katzen haben sich einfach so in das Buch hineingeschlichen. Da kann ich gar nichts dafür.

Welchen Tipp gibst du dienen Leserinnen und Lesern die auf den Spuren des Romans Murau besuchen?
Mit etwas Abenteuergeist können sie die Rantenschlucht durchwandern, die am Ende des Romans eine wichtige Rolle spielt. Sie ist allerdings nicht einfach zu finden. Zugänglicher ist das Schloss in Murau mit seiner morbiden Geweihgalerie und dem Rittersaal. Das Café Miklasch gibt es ja nicht so, wie es im Buch beschrieben wird. Aber es gibt andere Kaffeehäuser in Murau, die durchaus vergleichbar sind.

Mir ist aufgefallen, dass Dimiter stets vegetarisch isst. Das ist auf dem Land oft eine Herausforderung.
Abgesehen davon, ob Dim wirklich Vegetarier ist – die Frage bleibt  wird im Buch nie aufgeworfen – kann es auf dem Land wirklich schwierig sein, fleischlos zu essen. Dem wollte ich mit meinem Buch etwas entgegensetzen, und so habe ich vegetarische Gerichte erfunden, die gut in die gehobenere steirische Landküche passen: Steirisches Wok-Wurzelgemüse mit überbackener Parmesan-Polenta oder Rote-Rüben-Ragout mit Koriander. Und bevor die Frage kommt: Nein, ich habe keine Rezepte für diese Gerichte. Ich kann aber erklären, wie man Käsetoast mit Ketchup macht. Das Einzige, was Dim nach 21 Uhr in Murau noch serviert bekommt.

Du hast mit 45 Jahren Ihr erstes Buch veröffentlicht. Was hast du eigentlich die ganzen Jahre zuvor gemacht?
Lebenserfahrung gesammelt, bis die Zeit reif für das Buch war. Ich habe in der ersten Hälfte meines Lebens immer wieder neues Zeug gelernt und neue Dinge gemacht. Warum sollte das in der zweiten Hälfte anders sein? Das Schreiben fällt mir jetzt leichter, nicht zuletzt, weil ich mehr als doppelt so viel gesehen, viel mehr gehört und einen Menge Gedanken mehr gehabt habe als mit Anfang zwanzig.

Du bist Mitglied des AutorInnenkonglomerats „Literatur an anderen Orten“? Was machst du dort?
„Literatur an anderen Orten“ ist quasi Freistil. Wir sind zwei Autoren und eine Autorin und wir suchen Geschichten zu Orten, die wir diesen Orten zurückgeben. Das kann auf hunderterlei Arten geschehen: Ganz konventionell als inszenierte Lesung, aber auch als steinerne Inschrift, als Puppentheater oder als Video-Blog.

Welches Getränk soll man neben sich stehen haben, wenn man dein Buch liest?
Bier wäre angemessen (aber bitte kein Gugganiger Eisbock!). Auch gegen eine gute Schale Tee ist nichts einzuwenden.

Angenommen, „Steirisch Sterben“ wird verfilmt. Wer soll eine Rolle übernehmen?
Da habe ich keine klaren Präferenzen. Doch, eine! Andreas Gabalier soll die erste Leiche spielen.

 

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