Mein Unterwasser-Streichelzoo

Eine Süßwasserqualle schwebt durchs Wasser. © Daniela Lipka

Im Juni bin ich in der Neuen Donau unerwünscht. Ich sitze bis zur Brust im Wasser und wasche den Schweiß von meinem Körper. Plötzlich spüre ich ein Zwicken an meinem Fuß. Ein Krebs? Nein, es ist ein Sonnenbarsch, ein kleiner Fisch mit auffallend orangefarbenen Wangen. Er hat in der Nähe seinen Laich abgelegt und nun beißt er mich und versucht mich zu vertreiben. Gutmütig wie ich bin, schwimme ich ins tiefere Wasser und lasse ihn und seinen Nachwuchs in Ruhe.

Die jungen Enten haben sich schon an mich gewöhnt. Wenn nur mein Kopf aus dem Wasser ragt, schwimmen sie neugierig näher heran. Tauche ich ab, sehe ich durch meine Schwimmbrille ihre Beinchen lustig im Wasser paddeln.

Auf meine Badehose kann ich verzichten, auf meine Schwimmbrille nicht. Sie macht es möglich, dass ich bei meinen Kraulausflügen die Unterwasserfauna kennenlerne. Die kleinen Fische, die sich zu Schulen zusammengeschlossen haben und sich gerne in Seichten oder im Dickicht der Wasserpflanzen aufhalten. Das Wasser ist grünlich, manchmal ein wenig trüb, manchmal sieht man bis auf den Grund. Das sind die Tage, an denen die Chancen gut stehen, auch die größeren Fische zu sehen, die sich  im offenen Wasser aufhalten. Voriges Jahr hat mich hin und wieder ein junger Wels begleitet. Heuer bin ich ihm noch nicht begegnet. Hoffentlich hat ihn nicht einer der Fischer gefangen. Ich wünsche ihm, dass er ein ruhiges, schattiges Plätzchen gefunden hat, wo er nun sein Gelege bewacht und nur mehr in der Nacht ins freie Wasser schwimmt.

Später im Jahr, nach einigen heißen Tagen, entwickeln sich kleine, ein bis zwei Zentimeter große, weißlich-transparente Süßwasserquallen. Die meiste Zeit leben sie als Polypen irgendwo am Gewässergrund. Im Sommer – wenn Wasserqualität und Temperatur passen – verwandeln sie sich in frei schwimmende Medusen. Manchmal sind es ganze Schwärme durch die ich beim Schwimmen durchschwebe wie ein Raumschiff durch einen Meteoritenschwarm. Nur in die Nase sollten sie nicht gelangen sonst quellen die Schleimhäute, man bekommt eine Nacht lang keine Luft und muss ununterbrochen nießen.

Die Bäume am Ufer sehen manchmal ziemlich angeknabbert aus. Das Werk der Biber. Sie bauen in der Neuen Donau zwar keine Burgen, aber es wandern regelmäßig junge Biber durch, auf der Suche nach einem Platz zum Bleiben. Dass sie dabei die saftigen Gehölze benagen, kann man ihnen nicht verdenken. Gesehen habe ich einen Biber in der Neuen Donau erst einmal. Es war in der Abenddämmerung. Ich schwamm ruhig in der Nähe des Ufers und zwei Meter neben mir tauchte in haariges Wesen aus dem Wasser: Der Biber. Er kümmerte sich nicht weiter um mich und schwamm seines Wegs. Offenbar hat er in mir weder einen Feind noch einen Konkurrenten gesehen. Zum Glück. Ich hätte nur ungern Bekanntschaft mit den Biberzähnen gemacht, die so scharf sind wie Kettensägen.

Wenn der Sommer weiter fortschreitet werden auch die Sonnenbarsche weniger aggressiv. An den seichten Stellen mischen sie sich nun unter Schwärme von Rotfedern. Sie beissen nicht mehr, sie greifen nicht mehr as. Sie flüchten aber auch nicht, wenn ich in ihre Nähe komme. Wenn man sich ihnen unter Wasser ganz ruhig nähert, lassen sie sich  von mir sogar streicheln.

 

Schreibe einen Kommentar

Back to Top