Me and the devil
Walking side by side
(Robert Johnson)
Vor ein paar Jahren habe ich eine Nacht beim Teufelsstein an der österreichische-tschechischen Grenze verbracht. Der Teufelsstein von Radschin ist ein vier bis fünf Meter hoher Granitfelsen. Seine Oberseite gibt es mehrere schüsselartige Vertiefungen, von denen man nicht weiß, ob sie natürlich entstanden sind, oder ob in grauer Vorzeit jemand mit Steinwerkzeug etwas nachgeholfen. Vielleicht waren es einst Opferstätten eines vergessenen Volks und einer längst vergessenen Religion*. Der fromme christliche Volksmund interpretierte den Stein als eine Art Terrarium des Teufels; die Vertiefung dienen ihm dazu, arme Seelen gefangenzuhalten.
Mit dem Teufel wollte ich mich immer schon einmal unterhalten. In einer Nacht im Juni knüpfte ich meine Hängematte zwischen zwei Bäumen möglichst nahe des Teufelsstein, legte mich kurz vor Mitternacht hinein und wartet. Es passiert – nichts. Irgendetwas raschelte im Laub, weiter weg schrie ein Rehbock, dann schlief ich ein. Als ich am nächsten Tag aufwachte, konnte ich mich nicht einmal an einen besonders aufregenden Traum erinnern. Den Teufel – falls er wirklich gekommen sein sollte um mit seiner Seelensammlung zu spielen – hatte ich verpasst.
Aber es gibt ja noch mehr Plätze, bei denen – zumindest dem Namen nach – der Teufel hin und wieder vorbeischaut. Es gibt das Gasthaus zur Teufelsmühle in Liesing, ein verlassener 50er-Jahre-Bau, verkehrsgünstig an der Triesterstraße und an der Badner-Bahns-Station Vösendorf-Siebenhirten gelegen. Dort hat sich der Teufel aber schon lange nicht mehr sehen lassen.
Und es gibt die Teufelsmauer bei Pulkau. Eine Felswand, die angeblich vom Teufel höchstpersönlich – im Zuge einer völlig verblödeten Wette – errichtet worden ist. Man möchte den Teufel umarmen und ihn gleich als Architekten anheuern. Viel schöner als auf der Teufelswand bei Pulkau geht es nicht: Der Aufstieg ist steil aber kurz. Und oben erwartet uns ein wunderschöner Teppich aus lila blühenden Pechnelken in einem lichten Eichenwäldchen. Es regnet leicht und erfrischend und vom Felsen aus – gerade richtig gemacht, um dort wie in Rooftop-Bar zu sitzen – sieht man über ein verlassenes bewaldetes Tälchen bis weit hinein ins Weinviertel.
* Ergeben senkte die bleiche Jungfrau ihr Haupt. Ihr güldenes Haar schimmerte im kalten, gleichgültigen Schein des Mondes. Unter der Kapuze des Druiden blitzen aus zwei trüben Augen der Wahnsinn. Der Alte zog ein Messer aus mitternachtsschwarzen Obsidian aus seinen Gewändern. Er stieß die Klinge tief in die Brust der Jungfrau. „Ach …“, rief sie und richtete einen letzten Blick auf ihre Schwestern die sich sich Opferstein versammelt hatte. Stumm, abgestumpft und eingeschüchtert. „Wenigstens trifft es diesmal nicht mich“, dachten die Mädchen in der ersten Reihe, als das Blut der Jungfrau über den Stein sprudelte, sich in der Vertiefung sammelte und ein paar Tropfen ihr Kleid befleckten, ohne dass ihr dies gewahr wurde.